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Landsberg am Lech, 22. November 1999
Zur Erinnerung an den Tod und das Leiden jüdischer KZ-Häftlinge im
KZ-Kommando Landsberg, wurde gestern im Ortsteil Erpfting, an der
ehemaligen "Milchküche", eine Gedenktafel der Öffentlichkeit übergeben.
Mindestens 14 500 Juden wurden im Raum Landsberg in den letzten
Kriegsmonaten, von Juni 1944 bis zur Befreiung, am 27. April 1945
ermordet. 30.000 jüdische Sklavenarbeiter bauten unter unmenschlichen
Lebens- und Arbeitsbedingungen im "Rüstungsprojekt Ringeltaube"
unterirdische Bunkeranlagen zur Fertigung der "Wunderwaffe ME 262". Dazu
gehörte auch die Firma Ph. Holzmann. In der "Milchküche" in Erpfting
wurde an das sogenannte "Milchkommando" des Konzentrationslagers
Kaufering VII für 3600 Häftlinge täglich geringe Mengen Milch
abgegeben. Dadurch war für wenige ein Überleben möglich.
Frau Karin Walter und Herr Wolfgang Wagner, die heutigen Eigentümer der
"Milchküche" in Erpfting, möchten, daß die Geschichte ihrer
Heimatgemeinde und der tausendfache Judenmord nicht in Vergessenheit
gerät und stifteten eine Erinnerungstafel an das Leid und die Greuel vor
der eigenen Haustüre, erinnern aber auch daran, daß Hilfe und
Menschlichkeit auch in dieser Zeit möglich waren. Die Erinnerungstafel,
sowie eine von den Eigentümern als Mosaik gestaltete Menora, wird dem
Wunsch der Eigentümer entsprechend, an die nahe Europäische
Holocaustgedenkstätte Kaufering VII angegliedert. Anton Posset, 1.
Vorsitzender der "Bürgervereinigung Landsberg im 20. Jahrhundert",
dankte den Stiftern für ihr selbstloses Engagement, und würdigte ihren
Mut, sich zur Geschichte zu bekennen. "Es ist an der Zeit zu sprechen und
die Beobachtungen und Erlebnisse an die nächste Generation weiterzugeben"
forderte er die älteren Teilnehmer auf und bat die Bürger "sich nicht in
die offizielle Verharmlosungspolitik der Stadt Landsberg einbinden zu
lassen."
Die couragierte Privatinitiative der Familie Walter/Wagner steht im
Gegensatz zur offiziellen "Politik" der Stadt Landsberg, die noch immer
ihre Geschichte "in Bahnen lenken" und den "Bürgern erträglich machen"
möchte. Landsberg, "ein Ort wie jeder andere", "es konnte überall
geschehen" oder "Landsberg, eine Stadt aus Zufall wichtig" sind die
Slogans mit denen das offizielle Landsberg am Ende des 20. Jahrhunderts
seine Geschichte des Nationalsozialismus und den Holocaust
herunterspielt.
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